Bergschaden / Tagesbruch in Erbendorf
von Berthold Weber, Weiden

Bergschaden Erbendorf
(Foto vom 24.12.2012)

Erbendorf ist eine uralte Bergbaustadt wobei der Beginn der ersten Abbaue im Bereich des Silberrangens im Dunkel der Geschichte liegen. Verbürgt ist Bergbau auf Silber (-haltigen Bleiglanz) für das Jahr 1383, wobei von einigen hundert Bergleuten die Rede ist. Zwar wurde der Bergbau immer wieder unterbrochen, beispielsweise durch die Hussiteneinfälle, doch geriet er nie ganz in Vergessenheit. Mit Beginn des Industriezeitalters (genauer nach Kohlenfunden am Silberbach im Sommer 1854) begann die Kohleförderung, wobei weiterhin Silber, Blei, Zink und Kupfer (zum Teil sogar über den gleichen Schacht) gefördert wurden. Der Bergbau wurde nach einem großen Wassereinbruch (1924) zum Ende Oktober 1928 endgültig eingestellt.


Das Foto links zeigt das einen typischen Erzgang im Gneis von Erbendorf. Hell (weiß) ist Quarz und Calcit als vorherrschende Gangart, daneben orangebraune Karbonate (Dolomit und Siderit) und dunkel das eigentliche Erz, nämlich Galenit (Bleiglanz) und Sphalerit (Zinkblende).

Das Foto rechts zeigt einen fossilen Blattabdruck in der Erbendorfer Steinkohle.


Bei Gangmächtigkeiten von wenigen Zentimetern über (typisch) 50cm bis maximal 2,5m stellt sich die Frage warum das Erbendorfer Erz so begehrt war, bzw. warum sich der Bergbau so lange halten konnte. Zweifelsfrei war es der für Nordostbayern hohe Silbergehalt des Bleiglanzes. Für Erbendorfer Bleiglanz werden Werte von 197 bis 877 Gramm Silber pro Tonne Bleiglanz genannt. Vergleichsweise ist der Bleiglanz von Krandorf (im Wölsendorfer Flussspatrevier) mit 47-84 g/t recht silberarm. (Werte nach DILL & WEBER 2011)

Die Fördermengen der Erze waren für die damalige Zeit und für Bayern nicht unbedeutend (Zahlen für 1923):

Fördermenge Kohle
4000t
Fördermenge Erze (gesamt)
6500t
Fördermenge Blei (aufbereitet)
193t
Fördermenge Silber (aufbereitet)
124kg
Streckennetz auf Kohle
730m
Streckennetz auf Erz
450m
Teufe Fahr- und Förderschacht
235m
Teufe Kohlenschacht ("Hans")
160m

Anzumerken ist auch, dass der Erz-Bergbau nicht an einen einzigen Gang geknüpft war. Vielmehr wurde eine Gangschar (wenigstens 10 Gänge, fünf davon bedeutend) bebaut, wobei man schon im Mittelalter über Stollen und Schächte zum Tiefbau (über 100m Teufe!) überging. Leider liegen aus der Anfangszeit praktisch keine schriftlichen Aufzeichnungen und schon gar keine Grubenpläne vor. Genau dieser Umstand war es auch, der den Erbendorfer Bergbau zum Erliegen brachte: Am 13. August 1924 erfolgte ein Wassereinbruch, als man untertage auf einen vergessenen mittelalterlichen Stollen stieß, der mit Wasser gefüllt war. Zwar konnten sich die 54 Bergleute, die zum Zeitpunkt des Wassereinbruchs untertage areiteten, retten doch wurde man mit der zur Verfügung stehenden Technik den großen einströmenden Wassermengen nicht mehr Herr.


Plan des Erbendorfer Bleibergwerk-Gebietes nach Wurm 1921. Die Position des Sportplatzes ist hier grün eingezeichnet, der Tagesbruch 2012 ist rot markiert. Große Teile des ehemaligen Bergwerksgeländs sind heute überbaut. Nach ZIEHR (1981) sind alte bergmännische Strecken und Stollen mit einer Gesamtlänge von 15 bis 20 km bis zu einer Tiefe von 100-150m vorhanden. Die letzten Arbeiten -ab 1920- erfolgten im westlichen Revierteil auf Gang I und II.


Kurz nach dem Krieg (um 1947) wurde vom wiedergegründeten TSV Erbendorf bzw. der Stadt Erbendorf ein Standort für einen neuen Sportplatz gesucht. Es bot sich das alte Bergwerksgelände an der Mainaustraße an, das nur eingeebnet zu werden brauchte (das Gelände wurde für diesen Zweck durch die Stadt Erbendorf erworben). Etwa um 1970 hat man den Sportplatz in Erbendorf ausgebaut. Das Gelände wurde erweitert, eingeebnet und die alten Halden am Silberrangen angeschnitten. Die Baumaßnahme war kurzfristig ein Eldorado für Minerliensammler, es wurden vorzügliche Blei- und Kupfer Sekundärmineralien z.B. Malachit gefunden.

Das Bild rechts zeigt ein Stück mit Kupferkarbonat Malachit (grün), gefunden beim Bau des Sportplatzes. Kupfererze waren recht gesucht, machten jedoch mengenmäßig nur ca. 1/40 der Bleiglanz-Menge aus. Die bei VIERLING (1969) genannte Zahl von 50% Kupferkies im Erzanteil kann weder durch alte Aufzeichnungen noch durch Haldenfunde belegt werden, vermutlich waren 5% gemeint. Mehr Infos zur Mineralogie <hier>

Als in den 80er Jahren die westliche Ortsumgehung (B22) gebaut wurde wurden auf Höhe des Weilers Straßen-Schacht bis dahin unbekannte Bleiglanz-Gänge und eine mittelalterliche Schachtanlage angefahren. Diese Lokalität scheint das südwestliche Ende des Erbendorfer Bergbaufeldes zu sein, nach Nordosten hin markiert die Rohrmühle und die Fichtelnaab das Ende.

In den folgenden Jahren kehrte Ruhe im Erbendorfer Bergrevier ein, es sollte im wahrsten Sinne des Wortes, Gras über die Sache wachsen. Lediglich die alten Straßennamen (Bergwerkstraße, Haldengasse, Grubenweg) sowie spärliche Mineralfunde im Bereich des Silberrangens und natürlich das Heimatmuseum erinnerten an den Bergbau.







Bilder vom 24.12.2012
(für Vergrößerung bitte anklicken)

Dem alten Sportplatz am Silberrangen wurde 2007 vom Verein Sonntagskicker Erbendorf neues Leben eingehaucht. Der Platz wurde planiert, Tore und Netze erneuert, neue Zuschauersitze eingerichtet und passend wurde auch ein neuer Name gefunden: "BergwerkArena".

Doch am Montag/Dienstag (3./4.12.2012) passierte dann das, womit kaum jemand gerechnet hat. Urplötzlich tat sich ein Loch auf. Dieses Loch im Strafraum der BergwerkArena hat ca. 10 Meter Durchmesser und in vier Meter Tiefe steht das Grundwasser. Glücklicherweise ist bei dem Einsturz niemand zu Schaden gekommen. Fachleute bezeichnen diese Erscheinung als "Tagesbruch". Solche Tagesbrüche treten in der Regel durch den Einsturz alter, nicht verfüllter Bergwerksstollen und -schächte auf und sind daher in Bergbauregionen nicht selten. Nun, solche unterirdischen Hohlräume gibt es angesichts über 600 Jahren Bergbau im Erbendorfer Revier reichlich, nur an dieser Stelle - so nahe am Silberbach- war ein Tagesbruch nicht wirklich zu erwarten. Nach der Karte von Wurm (1921) war hier nämlich auch kein Schacht. Der bekannte Kohlen-Schacht ("Hans") ist ca. 75m weiter nördlich gelegen und wohl für diesen Einsturz nicht ursächlich. Allerdings gab es in unmittelbarer Nähe (eher etwas weiter östlich) nach einem älteren Grubenplan einen Fahr- und Förderschacht. Relativ sicher läuft unter dem Sportplatz im Bereich des Einsturzes eine Strecke der 162m-Sohle die vom genannten Schacht abläuft.
 
Wie sich die Bilder gleichen: Vor knapp einem Jahr (Ende Dezember 2011) tat sich auf dem Fußballplatz in Kupferberg (Oberfranken) ein ähnliches Loch (Tagesbruch) auf, auch dort ist der Altbergbau nicht zur Ruhe gekommen (siehe Frankenpost). Schon etwas länger zurück (1955) liegt der Einsturz in Stockheim/Oberfranken auf dem Sportplatz des 1. FC Stockheim (siehe Neue Presse). Dort war der Bergbau damals allerdings noch aktiv und zwei Bergleute fanden tragischerweise den Tod. Fußballer, die gerade auf dem Platz waren kamen mit dem Schrecken davon.


Deckel drauf - und fertig?

Nein, so einfach ist das nicht. Im Frühjahr 2013 fanden Erkundungsbohrungen einer Spezialfirma statt, da man sich bei einer kostenintensiven Sanierung nicht (nur) auf die spärlichen alten Grubenpläne und Aufzeichnungen verlassen kann.



Link zur Berichterstattung: SAT1-Fernsehen



Quellen:
 
BAUMANN, E. (1999) Geologie, Mineralogie und Bergbaugeschichte in und um Erbendorf. - Heimatpflegeverein Erbendorf, 79 S.

CHINTA, R. (1983) Bergbau um Erbendorf. Historische Notizen über die abgebauten Bodenschätze. Oberpfälzer Heimat 27: S. 133-136


DILL, H. G., FÜRST, M. und KIWITT, R. (1987) Untersuchung der Photolineationen und des bruchtektonischen Inventars im Raum Erbendorf (N-Bayern, Deutschland) mit besonderer Berücksichtigung der Gang-Vererzungen. - Geologische Rundschau/ International Journal of Earth Sciences, 76: 419-431.

DILL, H.G. und WEBER, B. (2011) Die Oberpfälzer Flussspat-Anthologie - „Bunte Steine“ prägen die Region und ihre Menschen um den Wölsenberg.- Verlag Druckkultur Späthling, Weißenstadt, 312 Seiten

OSSWALD, K. (1921): Geologie der Umgebung von Erbendof und die dortigen Steinkohlenlager. - Geogr. Jb., 34:, 113-124.

SCHERER, S. (2012): Ehemaliger Bergbau in Erbendor f. Über die (Paläo-) Geologie, die Rohund Bodenstoffe sowie den Bergbau, dessen Geschichte und die heutigen, noch sichtbaren Spuren in der Steinwaldstadt. – Unveröffentlichte Zulassungsarbeit für das Lehramt, Univ. Bayreuth, 90 + XXIII Seiten.

VIERLING, W. (1969) Geologie von Erbendorf. Oberpfälzer Heimat 13: S. 112-117

WURM, A. (1921) Über die neu anfgedeckten Erbendorfer Blei-Zink-Erzgänge und ihre Bedeutung für die Altersstellung der Oberpfälzer und Oberfränkischen Erzgänge. - Geogn. Jb., 34:, 103-112.

ZIEHR, H. (1981) Der historische Bergbau und die Erzvorkommen im Fichtelgebirge. Der Aufschluss 32: (Heft 1/1981) S. 7-25


n.n. (1861) Die ärarischen Bergbauversuche auf Steinkohlen in der Oberpfalz. München, 40 S.




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